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Chiemsee mit Blick auf die Fraueninsel
Reisen & Kultur

Urlaub am Chiemsee - Reisebericht

12.8.2025
Autorin Sabine Hoffmann
Sabine Hoffmann
9 Minuten

Einst hielt König Ludwig II. am Chiemsee Hof, heute schippern Urlauber mit dem Dampfer zu den Inseln oder erkunden mit dem Fahrrad die Gegend. Und erleben dabei einen märchenhaften Urlaub in Oberbayern.

Bernhard Huber

Eine besondere Atmosphäre herrscht auf der Fraueninsel mit dem berühmten Kloster

Wie eine Perle schimmert die Fraueninsel im See, eingerahmt von den Chiemgauer Alpen. Das rund zwölf Hektar große Eiland im Westen des Chiemsees ist ein ganz besonderes Fleckchen Erde. Schon von Weitem ist der achteckige Glockenturm des Klosters Frauenwörth mit seiner barocken Zwiebelhaube zu sehen – das Wahrzeichen der Fraueninsel und des gesamten Chiemgaus. Wenn das Ausflugsschiff sich langsam dem Ufer nähert, fallen Besuchern gleich die schmucken Häuser mit den Trauerweiden auf, die ins Wasser wachsen. Fast vor jedem Haus führt ein Steg in den See, meist ist ein Boot daran befestigt. Nur knapp 250 Menschen leben auf der Insel, Autos gibt es keine. Die braucht man auch nicht, denn die Insel lässt sich bequem zu Fuß erkunden. Es gibt viel zu entdecken und zu bewundern: die Wohnhäuser mit ihrer überbordenden Blütenpracht. Romantische Fischer- und Handwerkerschuppen, liebevoll verziert mit kleinen Kunstwerken aus Holz oder Blech. Die Räucherfischspezialitäten der Fischer und die urigen Biergärten.

Die herrliche Umgebung hat Künstler und Kunsthandwerker angelockt

„Die Atmosphäre ist einmalig schön“, sagt Georg Klampfleuthner. Er ist der „Inseltöpfer“ und auf der Fraueninsel aufgewachsen. Mit seiner Schwester Andrea führt er den Betrieb fort, der seit 1723 in Familienhand ist. Vor einiger Zeit kam auch Georgs Tochter Sophia dazu. Nach ihrem Studium und einem Job in Hamburg kehrte die Kulturwissenschaftlerin in ihre Heimat zurück und arbeitet jetzt in der Töpferei mit. Sie will ausprobieren, ob sie in die Fußstapfen ihrer Vorfahren treten und den Betrieb in ein paar Jahren übernehmen möchte.
Vor dem Eingang der Töpferei stehen bunte Tassen, Teller, Schalen, Vasen und Krüge und locken die Besucher in die Werkstatt. Dort sitzt Andrea am Tisch und zeichnet mit feinen blau-grauen Pinselstrichen die Flosse auf einen Keramik-Fisch. Sie ist für die Bemalung zuständig. „Bei uns ist jedes Stück handgefertigt und einzigartig“, betont ihr Bruder.
In der Werkstatt – zugleich auch der Verkaufsraum – herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Viele Besucher bewundern als Erstes den blaugrünen Kachelofen im Eingangsbereich. Seine barocken Rocaille-Kacheln sind mit Muschel-Ornamenten verziert. „Die Vorlagen für die Fliesen sind über 300 Jahre alt“, erzählt Georg Klampfleuthner stolz und berichtet, dass die Öfen seiner Vorfahren noch heute in der Kapelle und Sakristei von Schloss Emmeram in Regensburg stehen. Auch diese Tradition führt er fort: Auf Bestellung fertigt der Töpfer Ofenkacheln nach historischen Vorlagen. „Handwerk hat eine lange Tradition auf der Fraueninsel“, sagt er. „Früher gab das Kloster der Benediktinerinnen den Handwerkern Lohn und Brot. Heute leben immerhin noch sechs Familien von der Fischerei. Es gibt außerdem eine Bootswerft und Galerie, mehrere Künstler und Kunsthandwerker.“

Herrenchiemsee ist ein Paradies für Naturliebhaber und Geschichtsinteressierte

Maler entdeckten schon früh die Schönheit der Insel und verewigten sie auf der Leinwand. So entstand auf der Fraueninsel eine der ältesten Künstlerkolonien Europas. Bilder der Maler sind in der Galerie im alten Rathaus in Prien und in der Gemäldegalerie im Augustiner-Chorherrenstift auf der Herreninsel zu sehen. Diese Insel wird auch Herrenchiemsee genannt und ist mit 238 Hektar die größte Insel im Chiemsee. „Sie ist nicht nur für Geschichtsinteressierte ein echtes Paradies, sondern auch für Naturliebhaber“, so Christian Kaufmann.
Braun gebrannt in Shorts und T-Shirt sitzt Kaufmann auf einer Bank vor seiner Surfschule mit Kajak-, Stand-up-Paddling- und Fahrradverleih in Bernau-Felden und blickt über den See, der im Sonnenlicht schimmert. „Mit dem Schiff kann man wunderbar Insel-Hopping machen. Das geht aber auch gut mit dem Kajak. Schön ist es beispielsweise, von Felden aus direkt zur Herreninsel zu paddeln. Das dauert nur etwa eine halbe Stunde.“ Kaufmann zeigt auf eine Karte an der Wand. „Hier an der Westseite beginnt der Kanal zum Schloss. In diesen kann man die ersten 50 Meter hineinpaddeln und hat einen wunderbaren Blick auf das Schloss.“

Der Märchenkönig ließ ein prunkvolles Mini-Versailles auf der Insel errichten

Schloss Herrenchiemsee ist der letzte und prunkvollste Bau des Märchenkönigs Ludwig II. Der Monarch war ein großer Bewunderer von Ludwig XIV. von Frankreich und ließ auf der Herreninsel ein bayerisches Mini-Versailles errichten. Der imposante Springbrunnen mit der Göttin Latona an der Spitze gehört zu den Elementen, die Ludwig II. bei der Gartengestaltung vom Vorbild Versailles übernahm. Man muss sich in Ludwigs Traumwelt hineinversetzen, um seine Symbolik zu enträtseln.

So ist das Prunk-Treppenhaus im Parterre in Blau gehalten. Die Farbe steht für die Nacht. Stufe für Stufe geht der Besucher dem neuen Tag entgegen. Im ersten Stockwerk deuten zartrote Farben die Morgenröte an. Das Spiel mit dem Licht, die Verbindung zwischen Tag und Nacht, setzt sich im ganzen Schloss fort. Ludwig soll sich als Astraios, als König der Nacht aus der griechischen Mythologie, gesehen haben. Wenn der Monarch auf Herrenchiemsee weilte, dann stand er erst nachmittags auf und nahm gegen 17 Uhr das Frühstück ein.
Der scheue König speiste am liebsten allein. Sein im Boden versenkbarer Speisetisch, ein Tischlein-deck-dich, erlaubte es ihm, die Mahlzeiten ohne Bedienung einzunehmen. Als Ludwig am 13. Juni 1886 im Starnberger See zu Tode kam, blieb das Schloss unvollendet. Bei einer geführten Tour können Besucher heute einzelne Teile besichtigen, darunter das königliche Schlafzimmer, die Wohnräume und das gigantische Marmorbad. Ein besonderes Highlight sind die jedes Jahr im Juli stattfindenden Festspiele Herrenchiemsee, bei denen der Spiegelsaal in eine Konzerthalle verwandelt wird.

An einem Tag können Urlauber den See mit dem Fahrrad umrunden

Doch nicht nur die Insel, sondern auch das Festland rund um den See bietet zahlreiche interessante Ausflugsziele, erklärt Christian Kaufmann. Er muss es wissen, denn er ist von Berufs wegen Freizeitexperte: Mit seiner Tochter Irina betreibt er neben der Surfschule in Felden fünf Minigolf-Anlagen und vier Radverleih-Stationen. „Die meisten Touristen wollen den See mit dem Rad umrunden“, erzählt Irina. „Die Strecke ist flach, knapp 60 Kilometer lang, genau richtig für eine Tagestour.“

Wem das zu weit ist, dem empfehlen Vater und Tochter die „Chiemsee light Tour“: Dabei radelt man nur um den halben See und nutzt für den Rückweg ein Schiff. Besonders beliebt ist die etwa 30 Kilometer lange Strecke von Prien, dem größten Ort am See, nach Chieming.

„Am wunderschönen Nordufer des Sees führt der Weg in Rimsting in die malerische Schafwaschener Bucht“, schwärmt Christian Kaufmann. „Das ist ein Vogelparadies. Neben Dauerbewohnern wie Schwan, Graugans, Stockente, Blesshuhn und Graureiher sind im Sommer Schwarzhalstaucher mit ihren Jungen zu Gast.“ Da der Chiemsee zu den vogelreichsten Gebieten Bayerns zählt, gibt es am Ufer zehn Aussichtspunkte. Von dort kann man die Tiere besonders gut beobachten. Ausgebildete Naturführer und Ornithologen bieten kostenlose Führungen an.

Nach einem Abstecher in die Antike geht’s zur Abkühlung in den See

Weitere Höhepunkte auf der Rundstrecke sind das umtriebige Gstadt direkt gegenüber der Fraueninsel am Ufer des Sees, das beschauliche Breitbrunn mit seiner romantischen barocken Pfarrkirche und Seebruck mit dem großen Yachthafen und einer Segelschule.

Von Seebruck aus kann man auch einen kurzen Abstecher in die Antike machen: Vor etwa 2 000 Jahren lebten in der Region um den Chiemsee Römer und Kelten friedlich nebeneinander. Die kleine Gemeinde zählt zu den besterforschten Römer-Orten Bayerns. In Seebrucks Museum Bedaium sind die Funde aus dieser Zeit zu bewundern, wie zum Beispiel Keramik, Münzen oder Schmuck. Nach dem Museumsbesuch bietet sich eine Abkühlung im See an. „Entlang der Radlstrecke gibt es frei zugängliche Badestellen und mehrere Strandbäder, etwa in Chieming“, erzählt der passionierte Wassersportler Christian Kaufmann.

Die Tracht ist hier wichtiger Teil des Brauchtums

Wer im Sommer am Chiemsee Urlaub macht, kann auch eines der vielen Trachtenfeste besuchen oder einen Umzug mit prachtvoll geschmückten Rössern und Blasmusik erleben. „Wir Chiemgauer sind stolz auf unsere historische Tracht“, sagt Martina Hammerl. „Mit einem Dirndlgwand ist man als Frau auch immer gut angezogen.“ Die Schneiderin arbeitet im Familienbetrieb „Chiemseer Dirndl & Tracht“ in Übersee. Schon seit über 90 Jahren werden dort Dirndl nach eigenen Entwürfen in Kleinserien gefertigt. Über dem Verkaufsraum im Erdgeschoss liegt das Atelier, Martina Hammerls Arbeitsplatz. Mithilfe einer Pappschablone zeichnet sie das Schnittmuster auf die Stoffbahn und schneidet die einzelnen Teile zu. Die bringt sie in den Raum nebenan zu den Näherinnen, die in Handarbeit die Dirndl fertigen.

Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Mechanische Pfaff-Nähmaschinen sind im Einsatz, teilweise sind sie schon mehrere Jahrzehnte alt. „Die sind weniger reparaturanfällig als die neuen Modelle“, erklärt Martina Hammerl lachend, „und funktionieren nach wie vor einwandfrei.“

1964 ließ der Großvater des heutigen Geschäftsführers Marco Ehrenleitner den ersten Versandkatalog für Trachten in Deutschland drucken. Heute werden die Dirndl aus Übersee auch nach Übersee verkauft, zum Beispiel an Trachtenvereine in den USA und Australien. Die Originale vom Chiemsee, dem Bayerischen Meer, sind in aller Welt begehrt. Der See ist eben etwas ganz Besonderes. Und definitiv eine Reise wert.

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Das Bayerische Meer

So wird der Chiemsee auch oft genannt. Mit knapp 80 km² ist er der größte See in Bayern. Reizvoll sind vor allem seine Lage vor den Chiemgauer Alpen und die vielen Freizeitmöglichkeiten.

Tipps und Infos für Besucher

Inselfähren

Die Fähren legen in Gstadt, Prien/Stock, Bernau/Felden, Übersee/Feldwies, Chieming und Seebruck ab. www.chiemsee-schifffahrt.de

Historische Dampffahrzeuge

Vom Bahnhof Prien geht es mit der historischen Dampfstraßenbahn, dem Bockerl, nach Prien/Stock. Dort besteigt man den Schaufelraddampfer „Ludwig Feßler“ von 1926 und setzt zur Herreninsel und anschließend weiter zur Fraueninsel über. www.chiemsee-schifffahrt.de

Flora und Fauna

Wer die verschiedenen Vogelarten näher betrachten möchte, kann ganzjährig und ohne Anmeldung an einer Vogelführung teilnehmen. www.chiemsee-chiemgau.info (Stichwort „Geführte Vogelbeobachtung“). Die Veranstaltungstermine erfahren Sie auch über Chiemgau Tourismus, Tel. 08 61/909 59 00

Schloss Herrenchiemsee

Die Prunkräume des Schlosses von König Ludwig II. auf der Herreninsel können im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Lohnend ist auch der Besuch des Museums sowie der Gartenanlage. www.herrenchiemsee.de

Römermuseum Bedaium

Im Museum in Seebruck wird mit über 500 Exponaten ein historischer Bogen von der Steinzeit über die Kelten bis zu den ersten Bajuwaren geschlagen. Tipp: die Erlebnisführung mit römischem Legionär. www.roemermuseum-bedaium.de

Radtouren

Es gibt mehrere Verleihstationen am Chiemsee, dadurch ist es möglich, auch nur den halben See zu umradeln und dann mit Schiff (ohne Rad) oder mit dem Bus wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Die Chiemseeringlinie ist ein Rad- und Wanderbus, der im Sommer den Chiemsee mehrmals täglich umrundet. Die Busse sind mit Anhänger für die Räder ausgestattet. www.chiemsee-kaufmann.de und www.chiemsee-alpenland.de