Strom statt Hanteln, 20 Minuten Training statt langer Studioeinheiten – Elektromyostimulations-Training, kurz EMS, verspricht effektiven Muskelaufbau mit wenig Zeitaufwand. Doch was steckt physiologisch dahinter, und für wen ist diese Trainingsform sinnvoll? Ab 50 spielt Muskelkraft eine zentrale Rolle für Stabilität, Mobilität und Knochengesundheit.
Im Interview erklärt Prof. Wolfgang Kemmler, wie EMS-Training funktioniert, wie sicher es ist und worauf man achten sollte. Er ist Leiter des Osteoporose-Forschungszentrums am Institut für Medizinische Physik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
20 Minuten statt Hanteln? Unser Experte erklärt, was EMS-Ganzkörpertraining wirklich bringt
Beim EMS-Training, trägt man einen Anzug, der elektrische Impulse an die Muskeln sendet. Wie funktioniert das genau?
Prof. Kemmler: Ganzkörper-EMS-Training ist das Pendant zum Krafttraining. Normalerweise sendet das Gehirn über die Nerven elektrische Signale an die Muskeln, damit sie sich zusammenziehen. Beim EMS-Training übernehmen das Elektroden, die in den Anzug eingenäht sind. Sie leiten die Reize über die Nerven an die Muskulatur weiter. Die reagiert, kontrahiert und wird damit gekräftigt.
Ist das denn nicht gefährlich?
Nein, EMS ist in Deutschland streng reguliert. Man sollte aber unbedingt in Studios mit zertifizierten Übungsleitern gehen. Nie selbst an den Geräten drehen, auch EMS-Heimtrainer sind tabu.
Dann macht der Strom die Arbeit?
Ja, aber ein bisschen Bewegung gehört dazu. Sie machen zum Beispiel eine angedeutete Kniebeuge, damit sich die Impulse gleichmäßig über den Bewegungsbereich verteilen.
Wie fühlt sich das an?
Das reicht je nach Intensität von einem leichten Kribbeln bis zu Schmerzen wie bei einem Muskelkrampf. So weit sollte es aber nicht kommen.
Darf man auch mit 60 plus zum EMS-Training gehen?
Natürlich, auch mit 70 oder 80! Kraft im Alter ist enorm wichtig - für Stabilität, Mobilität und Lebensqualität. EMS eignet sich besonders für Menschen, die bisher wenig Sport gemacht hatten. Die Gruppen sind klein, oft trainieren nur zwei Personen mit einem Coach. Auch aus orthopädischer Sicht ist EMS unbedenklich. Am besten lässt man sich vom Hausarzt grünes Licht geben.
Wie oft sollte man trainieren?
Empfohlen wird eine Einheit alle drei bis vier Tage von je 20 Minuten.
Nur 20 Minuten? Im Vergleich zum Work-out an Geräten oder in Kursen im Fitnessstudio spart man also Zeit.
Stimmt. Der Vorteil von Ganzkörper-EMS ist, dass man alle großen Muskelgruppen auf einmal trainiert.
Was kostet das Training?
Etwa 25 bis 35 Euro pro Einheit.

