Aus vollem Herzen "Ja" zu sich selbst zu sagen, fällt vielen schwer. Warum Selbstliebe im Kopf beginnt, erklärt der Göttinger Neurobiologe Prof. Gerald Hüther.

Schönheit ist, wie du dich innerlich fühlst. Und es spiegelt sich in deinen Augen.
Sophia Loren

Sich selbst wie eine liebe Freundin behandeln, warum ist das so wichtig?

HÜTHER: Weil Lieblosigkeit krank macht, auch Lieblosigkeit uns selbst gegenüber. Wer sich selbst nicht sieht und spürt, isst und trinkt oft zu viel und bewegt sich zu wenig. Wer sich nicht mag, ist bereit, sich in Beziehungen kleinzu­machen, immer wieder über die Schmerzgrenze zu gehen und mit Dauerstress zu leben.

Warum tun wir uns so schwer damit, uns zu mögen, wie wir sind?

HÜTHER: Wir haben es schlicht verlernt. In unserer Wettbewerbsgesellschaft geht es von Kindheit an nicht um ein gutes Gespür für uns selbst oder unsere Bedürfnisse, sondern darum, wie wir im Vergleich zu anderen abschneiden. Mädchen sollen hübsch und nett sein, Jungen stark werden und sich durchsetzen.

Und das funktioniert?

HÜTHER Leider so gut, dass sich im Laufe des Lebens sogar die Strukturen im Gehirn verändern. Deshalb sitzen Erwachsene viel zu lange wie erstarrt am Com­puter oder verharren jahrelang in einer unbefriedigenden Beziehung. Es müsste wehtun oder nerven, aber wir nehmen unsere Bedürfnisse nicht mehr richtig wahr.

Dafür schenken wir unseren Fehlern und Macken umso mehr Beachtung.

HÜTHER Indem wir unsere Gefühle ausschalten, behandeln wir uns wie eine Maschine, die perfekt und störungsfrei funktionieren soll. Zum Glück können wir unser Gehirn bis ins hohe Alter umbauen und diese Muster durchbrechen.

Und wie werden wir netter zu uns selbst?

HÜTHER Sich weniger zu vergleichen, ist der erste Schritt. Denn das bringt nichts. Der zweite: sich nicht ständig zu etwas drängen. Wir müssen fast nichts im Leben! Es ist viel liebevoller, sich zu fragen, was man denn eigentlich möchte. Morgens eine Tasse Kaffee? Oder, wenn der zwickt im Magen, vielleicht doch lieber Tee? Den mäßig spannenden Krimi zu Ende gucken? Oder lieber früher schlafen gehen? Es tut gut, diese Entscheidungen zu treffen. Und es macht frei.

Mehr Infos zum Thema auch auf liebevoll.jetzt.

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