Wer an Migräne leidet, ist nicht zu beneiden. Plötzlich ist der Schmerz da und setzt einen schachmatt. Neue Ansätze, die den Ursachen auf den Grund gehen, statt diese nur zu bekämpfen, versprechen Linderung.

Etwa acht Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen in Deutschland werden von Migräne heimgesucht. In manchen Altersgruppen trifft es Frauen sogar bis zu dreimal häufiger. Die Anfälle dauern meist von vier Stunden bis zu drei Tagen und oft vergehen Jahre bis zur richtigen Diagnose.

Die Symptome von Migräne

Migräne kann viele Gesichter haben. Eine Migräne ohne Aura ist die am häufigsten vorkommende Form. Punktueller Kopfschmerz hinter dem Auge oder an den Schläfen sowie Licht-, Lärm- und Geruchsempfindlichkeit sorgen dafür, dass sich Betroffene während eines Anfalls vorzugsweise in ruhigen, abgedunkelten Räumen aufhalten. Die Migräne mit Aura offenbart neben den klassischen Symptomen zusätzlich neurologische Anzeichen wie Sehstörungen und Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen oder falsche Geschmacks-, Geräusch- und Geruchswahrnehmungen, ein Kribbeln in den Extremitäten und Schwindel.

Mediziner unterscheiden zwischen der Chronischen Migräne und der Episodischen Migräne. Während man bei letzterer die Attacken in ihrem zeitlichen Ablauf klar voneinander abgrenzen kann, gehen chronische Attacken oft beinah nahtlos ineinander über und kommen an mehr als 15 Tagen im Monat über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten vor.

Migräne-Experte Prof. Hartmut Göbel im Gespräch

Prof. Hartmut Göbel gilt als Koryphäe auf dem Gebiet der Kopfschmerz- und Migräne-Forschung. In Frau im Leben erklärt der Mediziner den aktuellen Stand der Forschung bei der Behandlung dieser Krankheit. Besonders eindrucksvoll: Sein Konzept, mit Migräne zu leben. Die Ausgabe 6/2023 können Sie hier für nur 1,95 Euro als E-Paper herunterladen.

Die Ursachen von Migräne

Migräne ist eine schwere neurologische Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der sich die Gefäße auf der Hirnhaut erweitern und entzünden. Die Ursachen sind bis heute nicht endgültig geklärt, doch weiß man mittlerweile besser, was einen Migräne-Anfall auslösen kann. Fest steht, dass bei Betroffenen die Aktivität der Nervenzellen besonders hoch ist, sie stehen schnell „unter Strom“. Das kann dazu führen, dass Nerven fehlgesteuert werden und sich Hirnhäute entzünden. Oftmals leiden mehrere Familienmitglieder an Migräne-Attacken,

Die Forschung konzentriert sich derzeit vermehrt auf Trigger-Faktoren, also Einflüsse, die einen Migräne-Anfall auslösen können. Besonders häufig reagieren Migräne-Patienten auf mindestens einen der folgenden Auslöser:

  • Hormonschwankungen (beispielsweise während des Eisprungs, mit Einsetzen der Periode oder mit Beginn der Menopause)
  • Stressige Phasen – oftmals tritt die Migräne erst in der Entspannungsphase nach einer stressigen Zeit auf
  • Ernährung: das Auslassen von Mahlzeiten oder bestimmte Nahrungsmittel
  • Zu viel oder zu wenig Schlaf
  • Zu wenig Wasser
  • Zu viel Sport oder zu wenig Bewegung
  • Wetterumschwung, starke Klimaschwankungen
  • Verspannungen, insbesondere im Nackenbereich
  • Düfte, wie aggressive Parfüms

Sie haben bisher keine bestimmten Auslöser ausmachen können? Möglicherweise hilft Ihnen ein Migräne-Tagebuch – hier zum Herunterladen.

Die Behandlung von Migräne

Prophylaxe

Einer der Hauptverursacher von Migräne ist Stress. Nach Möglichkeit sollten Betroffene deshalb alles vermeiden, was die Nerven „überreizt“. Nicht auf alles hat man Einfluss, doch hilfreich können bereits ein regelmäßiger Tagesablauf mit festen Mahlzeiten, ausreichend Schlaf, Ausdauersport, Entspannungsübungen und ausreichend Wasser sein.

Wie eine kohlenhydratereiche Ernährung einem Migräne-Anfall vorbeugen kann, erklärt der Neurologe Prof. Hartmut Göbel in Frau im Leben. Die Ausgabe 6/2023 können Sie hier für nur 1,95 Euro als E-Paper herunterladen.

Das kann der Arzt tun

Lassen sich die Schmerzen nicht mehr ertragen, hilft meist nur noch der Griff zu Tabletten. Paracetamol und andere entzündungshemmende Schmerzmittel wie ASS, Diclofenac und Ibuprofen sind in der Apotheke ohne Rezept erhältlich. Bei mehr als sieben Tagen Kopfschmerz im Monat kann die Prophylaxe mit Medikamenten helfen, etwa mit Betablockern, Calcium-Antagonisten, Antiepileptika und Antidepressiva. Oder mit den Wirkstoffen Erenumab, Galcanezumab und Fremanezumab.
Allerdings sollten Sie bei der Anwendung stets bedenken, dass Migräne-Mittel nach zu häufiger Einnahme die Symptome verstärken können, der sogenannte Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz setzt dann ein. Schmerzmittel haben zudem weitere Nebenwirkungen, die gerade bei regelmäßiger Verwendung nicht unterschätzt werden sollten. Klären Sie deshalb die Einnahme von Tabletten immer mit Ihrem Arzt ab.

Das sind neue Ansätze

Antikörper: Seit Mitte 2018 ist in Deutschland eine Impfung zugelassen, die gegen Migräne helfen soll. Das Besondere: Während Tabletten und Co. die Symptome behandeln, wurden die Wirkstoffe zum Vorbeugen von Migräne entwickelt. Die Antikörper Galcanezumab, Fremanezumab oder Erenumab werden alle vier Wochen unter die Haut gespritzt und hemmen die Wirkung eines Proteins, das beim Auslösen von Migräneanfällen eine Rolle spielt. Alle drei Medikamente können Betroffene sich mit Fertigpens oder -spritzen zu Hause selbst verabreichen.

Neurostimulation: Anders als Fitnessarmbänder messen Migräne-Wearables keine Vitalfunktionen wie den Pulsschlag, sondern sie geben von außen über die Haut elektrische Impulse an bestimmte Nerven ab (z. B. das Gerät Cefaly). Dieses Verfahren nennt man Neurostimulation. „Ziel ist es, die Empfindlichkeit für Schmerz-Signale zu senken oder zu normalisieren“, erläutert Dr. Charly Gaul, Generalsekretär der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.

Apps: Neben zahlreichen Fitness- und Ernährungs-Apps gibt es im Internet auch medizinische Apps zum Herunterladen. Dazu gehört die „Migräne App“ der Schmerzklinik Kiel. Zu den Funktionen zählt u. a. ein Kopfschmerz-Tagebuch und eine Anleitung für gezielte Entspannungsübungen.

Weitere Hilfe finden Betroffene hier

  • www.schmerzklinik.de – mit Informationen rund um das Thema Migräne sowie Schmerz-Spezialisten in der Nähe
  • www.headbook.me – das Forum ist ideal, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen
  • www.migraeneliga.de – Zusammenschluss von Selbsthilfe-Gruppen in Ihrer Nähe