Redakteur Peter Hummels Plädoyer dafür, der guten alten Hausmannskost wieder zurück auf die Teller zu helfen.
Ob man in unseren Gender-Zeiten, in denen man überlegt, ob die Schürze nicht „das Schürze“ heißen soll, weil sie von Frauen und Männern gleichermaßen getragen wird, Hausmannskost überhaupt noch Hausmannskost heißen darf, weiß ich nicht genau. Egal, ich verstehe darunter die guten, überlieferten Dinge, die mit wenigen Zutaten auskommen und dennoch grandios schmecken. Ein Braten zum Beispiel, der nicht vorab mit einer Balkan-Bahrein-Belize-Gewürzmischung eingerieben werden muss. Oder eine Kartoffelsuppe, die ganz ohne Chakalaka auskommt. Für gute Hausmannskost braucht man auch keine Küchenmaschine für 1000 Euro und keinen Dampfgarer mit Internetanschluss, sondern heiße Platten und einen Ofen.
In vielen Küchen wird heute versucht, die Restaurantküchen aus der ganzen Welt zu imitieren – was natürlich scheitern muss, denn eine italienische Donna schafft es auch nicht, einen rheinischen Sauerbraten so hinzubekommen, dass er den Rheinländern schmeckt. Dafür aber eine Pasta mit Ragú, die unvergleichlich ist und niemals auch nur in die Nähe von geräuchertem Paprika aus Andalusien kommt, von dem in ganz vielen Rezeptbüchern inzwischen steht, dass er einen gewissen Pep liefere. Einen vergänglichen Pep, zweifelsohne, denn niemand erinnert sich noch in 20 Jahren an eine Soße, die irgendwie nach Buchenholz geschmeckt hat. Jeder Italiener aber an die Kombination von lange gekochten Tomaten mit Rindfleisch darin.
Schaffen wir es heute noch, unseren Kindern und Enkelkindern ein Essen zu servieren, von dem sie irgendwann begeistert erzählen werden? Schafft man das mit Curry-Kurkuma-Pfannkuchen an Chicorée-Salsa-Topping?
Hinzu kommt, dass die einfachen Gerichte, die mit nur drei, vier oder auch mal fünf Zutaten auskommen, viel bekömmlicher und dadurch auch deutlich gesünder sind. Alle Ernährungsexperten warnen regelmäßig davor, zu viel Lebensmittel zu konsumieren, die extrem verarbeitet sind und deren Inhaltsangaben oft 15 oder 20 Zeilen einnehmen. Warum also Sachen kochen, für die man vorab zwei Supermärkte, eine Drogerie und drei Reformhäuser abklappern muss?
Hausmannskost bedeutet für mich, dass ich mich an den einfachen, traditionellen und gleichwohl köstlichen Gerichten erfreue. Dafür erwarte ich bei einer Außerhauskost, dass sie mich überrascht und dass sie sich ein bisschen wie Urlaub anfühlt, denn nur dann kann ich mich richtig darauf freuen, mit meiner Frau mal wieder ein indisches Dal zu genießen. Und wenn Freunde aus Indien bei uns zu Gast sind, gibt es Rouladen mit Spätzle, was die Inder lieben, aber nie auf die Idee kämen, es in ihre kleinen kupfernen Servierschüsseln zu pressen.
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